Amazons Kindle Leihbücherei vs. Onleihe

Mit ausgeliehenen Büchern habe ich Lesen gelernt. Einmal pro Woche tauschte ich in der Bücherei Gelesenes gegen Ungelesenes. Bücher auszuleihen ist für mich etwas elementar anderes, als Bücher zu kaufen.
Geliehene Bücher sind immer ein Zufallsfund. Vielleicht standen sie in der Nähe eines anderen guten Buchs im Regal. Oder es war ein weiterer Band von einer der tollen Serien. Ihr wisst schon: Die Fünf Freunde, TKKG, Die Drei Fragezeichen …
Beim Leihen von Büchern zählt für mich weder der Verkaufsrang noch der Preis, sondern nur das Interesse an der Geschichte. Diese Aspekte werden nochmals verstärkt, wenn es um nicht-körperliche Bücher geht. Also um E-Books.
E-Books ausleihen statt kaufen, dass geht per Onleihe und seit einigen Tagen auch über Amazons Kindle Leihbücherei.

Hier mein Vergleich der beiden Angebote:

Kosten

Die Gebühren für die Onleihe sind in den Jahresgebühren für einen Bücherei-Ausweis enthalten, hier in Lüneburg sind es 20,– €. Für dieses Geld kann ich natürlich auch in die »richtige« Bücherei gehen, dort CDs, Wii-Spiele, Bücher etc. ausleihen. Außerdem lassen sich bei der Onleihe auch Zeitungen, Zeitschriften und Hörbücher ausleihen.
Amazon bietet seine Leihbücherei nur Prime-Kunden an. In der Jahresgebühr von 29 € ist hier der Premiumversand bzw. kostenloser Versand für den Online-Shop enthalten.

Endgeräte

Amazons Leihbücherei funktioniert nur auf Amazon Kindles. Nicht auf der Kindle-App. Für die Onleihe funktionieren so grob alle E-Book-Reader, die das Adobe DRM unterstützen.

Ausleih-Limit

Amazon verleiht gleichzeitig nur 1 E-Book, die Onleihe höchstens 5.
Bei Amazon darf man das Buch so lange auf seinem Kindle behalten, wie man will. Sobald man ein neues ausleiht, wird das vorherige zurückgegeben.
Die Onleihe verleiht die Bücher für 21 Tage. Länger geht nicht, kürzer aber auch nicht.
Während man bei Amazon nur ein Buch pro Monat ausleihen darf, kann man bei der Onleihe rechnerisch 10 ausleihen (gleichzeitig 5 für 21 Tage).

Verfügbarkeit

Die Onleihe bildet eine »richtige« Bücherei nach: auch digital ist nur eine begrenzte Anzahl von Büchern verfügbar. Wenn die gerade alle verliehen sind, kann ich mich auf eine Warteliste setzen lassen und werde benachrichtigt, sobald das gewünschte Buch wieder zurückgegeben wurde. Meine Onleihe, die NBib24, listet – Stand heute – 11.672 verfügbare E-Books auf, 83% davon in den Kategorien Schule & Lernen sowie Sachmedien & Ratgeber.
Amazon verleiht mir das gewünschte E-Book sofort, vorausgesetzt, ich habe mein Monatslimit noch nicht ausgeschöpft. Nach der Auflistung im Kindle-Shop sind dort heute 9.279 deutschsprachige Bücher verfügbar, ein Drittel davon Belletristik, 24% Krimis, Thriller, Horror, Fantasy und Science Fiction.

Auswahl

Amazons Leihbücherei lässt sich leider nur an einem Kindle durchstöbern. Der überwiegende Anteil der Bücher stammt von recht unbekannten Autoren, überwiegend Selbstverlegern, die ihre Werke direkt über Amazon anbieten. Zwei Henry Mankell-Krimis, alle sieben Harry-Potter-Bände und das ein oder andere weitere Highlight ist wohl dazwischen. Allerdings ist nicht ein einziges Buch von Amazons eigener Bestseller-Liste von 2011 darunter. Und auch keins von 2010.
Auch die Onleihe schmückt sich nicht mit Bestsellern, allerdings sind hier zumindest die Bücher von Adler Olsen und Stieg Larsson im Bestand – wenn nicht gerade alle ausgeliehen sind.

Komfort

Das ist natürlich sehr subjektiv, aber Amazons Leihbücherei auf dem Kindle finde ich schon recht bequem: Leihbücherei auf dem Kindle öffnen, Buch wählen, ausleihen drücken, lesen. Notizen und Anmerkungen in geliehenen Büchern merkt sich Amazon, so dass sie für eine erneute Ausleihe oder den Kauf erhalten bleiben. Leider kommen Cover, Klappentext und Rezensionen in der Kindle-Leihbücherei recht unübersichtlich daher.
Bei der Onleihe wandert die Datei normalerweise nur per USB auf den jeweiligen Reader. Eine Android- und iOS-App für Tabletts gibt es auch, allerdings halte ich die persönlich nicht für besonders gelungen.

Fazit

Wer sich für aktuelle Bestseller oder populäre Bücher interessiert, wird mit beiden Angeboten alleine nicht glücklich. Zu gering ist die Auswahl oder die Anzahl der verfügbaren Exemplare. Während man bei der Onleihe auch mal auf ein Buch warten muss, bekommt man bei Amazon nur bestimmte Bücher sofort aufs Gerät. Onleihe lässt dem Leser die freie Wahl des Endgerätes. Amazon leiht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, recht günstige Bücher von Selbstverlegern aus, welche auch für rund 3,– € zum Kauf angeboten werden. Zusammen mit dem Leih-Limit von einem Buch pro Monat sollte man hier abwägen, wenn man die Prime-Mitgliedschaft ausschließlich für die Leihbücherei abschließen würde.
Wie bei den Zufallsfunden in der Bücherei sollte man bei beiden Angeboten nicht mit der Idee starten, unbedingt nur ein bestimmtes Buch lesen zu wollen.

Denn: Geliehene Bücher sind immer ein Zufallsfund.